3. Fachaustausch am Uni-Klinikum Tulln: Bin ich hochsensibel?

Nach den mehr als gelungenen und erfolgreichen beiden ersten Fachaustauschen am 20. Februar (Hochsensibilität versus Vulnerabilität) und am 12. Juni (Hochsensibilität: Fluch oder Segen?) freuten wir uns auf den dritten am 30. Oktober ganz besonders, versprach er doch der persönlichste von allen bisherigen zu werden.

Und kaum eingeparkt, durchströmte uns von SAG7 schon ein herzliches Willkommensgefühl. Mag. Alexander Herz und Sylvia Schreiweis vom Uniklinik-Team erwarteten uns bereits mit einem freudigen Lächeln und vier weiteren, gerne zupackenden Händen, die unser Tagungsmaterial ruck, zuck in den Seminarraum beförderten. Mit gut 70 Stühlen bestückt und einsatzbereiter Technik war nun alles perfekt vorbereitet.

Weniger vorbereitet waren die Teilnehmer auf die Frage, mit der sie von Prof. Prim. Dr. Martin Aigner, Leiter der Erwachsenenpsychiatrie, begrüßt wurden: Sind Sie hochsensibel? Zwar sehr einfach in ihrer Aussage, ist sie doch für viele auch herausfordernd. Denn sensibel und mitfühlend zu sein, ist eine Eigenschaft, die wir im Allgemeinen nicht so gerne wahrnehmen – weder an anderen noch an uns selbst. Gilt sie doch in großen Teilen der Gesellschaft noch immer als Schwäche, etwas, wofür man sich schämen sollte.

Und genau deshalb gibt es die Fachaustausche. SAG7 möchte damit über die genetische Begabung „Hochsensibilität“ aufklären. Ganz gleich, wie ausgeprägt die eigene Feinfühligkeit ist: Jeder Mensch ist einzigartig und hat das Recht, so sein und leben zu dürfen, wie er nun mal gerade empfindet. Wenn wir begreifen, dass hochsensible Menschen einfach viel feinere Sensoren haben, die ständig auf Empfang geschaltet sind (was eben oft zur Reizüberflutung führt), geschieht zweierlei:

  • Wir hören auf, Empfindsamkeit mit Schwäche zu verwechseln und können dem anderen in seiner Einzigartigkeit mit Respekt und Akzeptanz begegnen – von Mensch zu Mensch.
  • Dieses Angenommensein hilft dem Hochsensiblen selbst, seine Begabung als Geschenk zu begreifen und zu schätzen.

Mehr noch: So reiz-voll zu sein, hat auch Vorteile für uns als Gesellschaft, für unsere Vielfalt und Entwicklung. Diese Vielfalt spiegelte sich auch in den Teilnehmern wider, die gebannt dem lebendigen Fachvortrag der Psychotherapeutin Elisabeth Heller lauschten. Elisabeth ist selbst hochsensibel und Mutter dreier Kinder mit unterschiedlichen Sensibilitätsgraden. Gestärkt durch ihre eigenen Erfahrungen hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Eltern und Kindern in ihrem Alltag zu unterstützen und zu ermutigen. Denn besonders in der Schule haben es sensible Kinder (kurz: HSK) oft schwer. Von Natur aus vorsichtig und tiefgründig, brauchen sie eine lange Aufwärmphase, bis sie aus sich herauskommen – und werden dadurch häufig zu Mobbingopfern.

Spannend war das „Experiment“ zur Selbstanalyse. Zu Beginn durfte jeder Teilnehmer eine Selbsteinschätzung (Bin ich hochsensibel oder nicht) abgeben und einen psychologischen Fragebogen (nach Elaine N. Aron) ausfüllen. In der Pause ermutigte Prof. Prim. Dr. Aigner dann Studenten der Universität Krems, die anonymen Fragebögen auszuwerten. Waren einige vom Ergebnis überrascht, konnten sich doch die meisten, die sich selbst als hochsensibel eingestuft hatten, auch in der HSP-Wahrscheinlichkeitszone der Fragebogenauswertung wiederfinden.

Nach einer regen Diskussionsrunde, in der einige wertvolle und tiefsinnige Fragen ausführlich besprochen wurden, zeigte sich SAG7-Obfrau Karin Novi bei ihren Verabschiedungsworten von der wertschätzenden, respektvollen und offenen Atmosphäre sichtlich berührt. Sie betonte den unbeschreiblich wertvollen Austausch in den mittlerweile sechs Selbsthilfegruppen in Österreich:

„Verstanden werden, ohne dich erklären zu müssen. Dein Leid teilen, ohne bewertet, beratschlagt oder verachtet zu werden. Zu hören und zu lernen, wie es dir möglich ist, gut mit deiner Sensibilität zu leben und wieder mehr Lebensfreude zu erfahren und zu genesen. – Das macht das Wesen unserer Selbsthilfegruppen aus. Der Austausch mit Gleichgesinnten kann deinen Tag retten oder sogar dein Leben. Du bist nicht allein!

In diesem Sinne ein riesiges Dankeschön an alle Helferlein, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben. Schön, dass es euch gibt. Kommt wieder, es geht weiter!“

Foto Presse Tulln Mag. Herz

Link-Tipp: www.elisabeth-heller.at